Sie bewegen sich in schwindelerregenden Höhen und sorgen für den sicheren Auf- und Abbau von Traversen, Video-Wänden und Beschallungsanlagen bei Events. Ohne sie gibt es keine spektakulären Bühnenbilder. Keine atemberaubenden Lichtshows. Dennoch bleiben sie stets im Hintergrund. Wer sind diese stillen Schaffer? Wir haben bei Daniel Cescato, Head Rigger, nachgefragt.
Er habe es sich zwei Mal überlegen müssen, ob er diesem Blogbeitrag zustimmen solle, meint Daniel. Ein grossgebauter Mann, der nur ungern Aufheben um seine Person macht. Seit 15 Jahren arbeitet er für Habegger. Nur wenige sind noch länger dabei. Dennoch sieht man den Toggenburger kaum in Regensdorf. Ist er nicht auf einem Event, dann koordiniert und plant er die nächsten Einsätze von zuhause aus. Ein Arbeitsplatz am Hauptsitz hat er nicht. Bewusst nicht. «Ich bin eigentlich eine Firma in der Firma», schmunzelt Daniel. Gemeinsam mit seinem Kollegen Ruben Fischer wickelt er alle Rigging-Aufträge autonom ab. Reibungslos und stets zur Zufriedenheit der Kunden.
Eine eingeschworene Truppe
Die Kunde sind in den meisten Fällen namhafte Veranstalter, welche Shows im Hallenstadion durchführen, wofür Habegger das Rigging-Mandat innehat. «Mein zweites Wohnzimmer», wie es Daniel bezeichnet. Die Arbeit beginnt meist mehrere Wochen vor dem eigentlichen Event. Der Veranstalter sendet ihm die Rohpläne mit dem Ton-, Licht- und Video-Setup zu. Seine Aufgabe ist es, dieses an das Hallenstadion zu adaptieren, Aufhängepunkte zu definieren und Lastannahmen zu berechnen. Wird dies durch den Veranstalter, die Produktion und den Statiker freigegeben, gilt es die Rigger zu buchen. Eine überschaubare Berufsgruppe in der Schweiz, aber mit einem Weltklasse-Ruf. Nur gerade 20 ausgebildete Rigger gibt es – fast alle Freelancer. Ein bunt gemischter Haufen von Industriekletterer bis Bergführer. «Wir sind alle auch privat befreundet. Das ist aber auch wichtig, wir verbringen aufgrund der ungewöhnlichen Arbeitszeiten viel Zeit miteinander und müssen uns vertrauen können», erklärt der gelernte Koch.
Die richtige Person am richtigen Ort.
Rock & Roll auf über 20 Meter
Als Daniel vor 15 Jahren mit dem Rigging begann, gab es noch keine Ausbildung. Damals arbeitete er hauptberuflich als Ton- und Lichttechniker und kaufte sich kurzerhand seinen ersten Gurt, um als Rigger Fuss zu fassen. Später absolvierte er einen 5-wöchigen Rigging-Kurs in Deutschland. Sein erster Auftrag war ein Joe Cocker-Konzert in Basel. Seither hat ihn das «Rock & Roll» gepackt, wie er es nennt. Um 4 Uhr morgens beginnen die Rigger mit dem Aufbau. Das heisst: Bis zu 140 Motoren à 50-80 Kilogramm ins Dach ziehen. Arbeiten auf 20 Meter über dem Boden. Schwindelfreiheit und Krafttraining inklusive. Während sein Kollege Ruben gerne oben im Dach arbeitet, bevorzugt Daniel mittlerweile die koordinative Funktion am Boden: «Die richtige Person am richtigen Ort.»
Ein Rigger ist kein Rigger
Unfälle hat Daniel noch nie erlebt. «Wenn man sich an Regeln hält, kann nichts passieren», erläutert der 45-Jährige. Ein Rigger ist stets gesichert und es herrscht ein 4-Augen-Prinzip. Die Devise lautet: Ein Rigger ist kein Rigger. Deshalb arbeitet man nie allein im Dach. Sollte dennoch ein Sturz passieren, muss der Verunfallte innerhalb von 15 Minuten am Boden sein, damit er keine bleibenden Schäden durch den Auffanggurt erleidet. Für eine solche Rettung sind alle Rigger ausgebildet. «Rigging ist Teamwork», fasst Daniel zusammen.
Fast in, fast out
Nach dem Konzert um 22 Uhr, wenn die Zuschauer aus der Halle strömen, beginnt für die Rigger der Abbau. Hierfür bleibt meistens nur wenig Zeit. Die Tourpläne der Stars sind eng getaktet. Heute Zürich, morgen Wien. «Wir rennen zwei Stunden, der Schweiss tropft vom Dach – das ist absolut meine Welt», sagt Daniel begeistert. Ein Highlight sei das AC/DC-Konzert vor 10 Jahren gewesen, als 34 Sattelschlepper Material innerhalb von 1,5 Stunden das Stadion verlassen haben.
Blick nach oben
Die Konzerte selbst schaut sich Daniel selten an. Meist geniesst er nur die letzten Minuten. «40’000 Leute mit einem Feuerzeug. Das ist meine Genugtuung. Der Lohn für meine Arbeit», meint er bescheiden. Manchmal würden sich auch Stars bedanken, so wie Bruce Springsteen. Das sei schön. Denn die meisten Zuschauer würden nur das Licht, den Ton und das Video sehen. Ihre Arbeit bleibe meist im Dunkeln. «Ich schaue in einer Halle immer als erstes ins Dach. Es würde mich stolz machen, wenn das die Besucher künftig auch tun würden.»