Das Veranstaltungsverbot zwingt die Firma Habegger, von den grossen Bühnen auf virtuelle Schauplätze zu wechseln. Eine Chance - trotz wegbrechender Einnahmen.
Keine Fussballspiele, keine Musikfestivals: Unter dem Veranstaltungsverbot durch das Coronavirus leiden nicht nur die Sportclubs und Künstler, sondern die ganze Event-Branche. Etwa die Habegger AG in Regensdorf, die auf Live-Kommunikation spezialisiert ist. Normalerweise wäre sie jetzt mit den Vorbereitungen für das Finale der UEFA Champions League, die Eishockey-WM, Musikfestivals oder für Generalversammlungen beschäftigt. Doch die Anlässe sind alle abgesagt oder verschoben.
«Unsere Branche kam als erste in die Krise und wird als letzte wieder herauskommen», sagt Jürg Schwarz, CEO der Habegger AG . Über 300 Absagen oder Verschiebungen von kleineren und grösseren Veranstaltungen musste die Firma in den vergangenen Wochen hinnehmen. Die Folge: Einbussen von bis zu 40% des Jahresumsatzes und Kurzarbeit für die rund 130 Angestellten. Besonders hart trifft es die Freischaffenden, die Habegger jeweils bei Konzerten oder Sportveranstaltungen aufbietet. Sie sind seit dem 28. Februar ganz ohne Arbeit.
Auf digitale Events gesetzt
Gewisse Veranstaltungen lassen sich jedoch auch digital durchführen, ohne Teilnehmende also. So können etwa Generalversammlungen ohne die physische Anwesenheit der Aktionäre stattfinden. Auch viele grössere und global tätige Firmen weichen auf digitale Meetings, Konferenzen und Kongresse aus. Da kommt Habegger nun vermehrt zum Einsatz. Die Firma verfügt über ein eigenes Streaming-Studio in Regensdorf.
Ausgestattet nach den geltenden Distanzvorschriften sind auf den 53 Quadratmetern Studiofläche Gesprächsrunden mit bis zu fünf Personen möglich. Mit internationaler Liveschaltung können diese einem grossen Publikum zugänglich gemacht werden. «Das Wichtigste für uns ist, dass ein digitaler Event einem Live-Erlebnis nahe kommt», sagt Schwarz. Das werde mit einem Zusammenspiel zwischen Inhalt, dramaturgischen Mitteln und Interaktion mit dem virtuellen Publikum erreicht.
Corona verändert die Branche
Schwarz geht davon aus, dass die Digitalisierung auch nach der Aufhebung des Veranstaltungsverbots ein Thema bleiben wird. Einerseits für Firmen, die Meetings, Konferenzen und Kongresse abhalten können, ohne durch die ganze Welt zu fliegen. Andererseits für öffentliche Events wie Konzerte oder Sportveranstaltungen. «Die Digitalisierung bietet Veranstaltern die Möglichkeit, vor und nach dem Live-Event mit der Community zu interagieren. Events könnten durch eine zusätzliche digitale Übertragung eine höhere Wertschöpfung erzielen und neue Geschäftsmodelle eröffnen.»
Ähnlich wie im Sport-Pay-TV könnten Events zusätzlich kostenpflichtig an ein virtuelles Publikum ausgespielt werden. Durch die Masse der digitalen Teilnehmenden könnte der Live-Event mitfinanziert werden. «So könnten wir zum Beispiel unseren Lieblingsmusiker dank VR-Brille live im Backstage-Bereich eines Konzerts besuchen.»
Dennoch bleibt der Live-Event unersetzlich. «Die Menschen haben ein grosses Bedürfnis nach gemeinsamen, physischen Erlebnissen. Die Emotionen, die kreischende Masse – das lässt sich nicht in die virtuelle Welt übertragen», ist Schwarz überzeugt. Live-Veranstaltungen würden infolge Corona nicht verschwinden, aber vielleicht etwas digitaler. Schwarz sieht dies als Chance für neue Geschäftsfelder von Habegger. «Doch den Umsatz, den wir mit Live-Veranstaltungen generieren, machen digitale Angebote niemals wett.»
Der Artikel ist in der Online- sowie in der Printausgabe des Zürcher Unterländers erschienen.