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Furttaler / Rümlanger / Unterland Zeitung: «Licht an für Veranstalter und die Kultur »

Als Erstes wurden grosse Veranstaltungen und Anlässe abgesagt beim Ausbruch der Corona-Pandemie. Hinter den Kulissen und ohne das Licht der Scheinwerfer trifft es einen Wirtschaftszweig mit sehr vielen Menschen.

 

Seit dem 16. März ist einem kompletten Wirtschaftszweig faktisch die Arbeitsgrundlage entzogen. Konzerte, Festivals, Theateraufführungen, Business Events, Generalversammlungen, Dorffeste: Alles wurde von einem Tag auf den anderen auf Null heruntergefahren.

Rotes Scheinwerferlicht für Veranstalter und Spielstätten
Vergangene Woche strahlten im Rahmen der «Night of Light» die betroffenen Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche sowie Spielstätten, Hallen und Theater in der ganzen Schweiz ihre Gebäude oder stellvertretend ein Bauwerk in ihrer Region oder Stadt mit rotem Licht an. Damit sollte auf die schwierige Situation aller Beteiligten aufmerksam gemacht werden. Die Branche ist sehr komplex und umfasst viele unterschiedliche Fachbereiche und Spezialdisziplinen. Die Inspiration zur Aktion «Night of Light» kam aus Deutschland. In Regensdorf ansässig sind die Firmen Habegger AG und Flashlight. Beide gehören zu den Grossen in der Branche und organisieren jährlich viele Veranstaltungen.

Spätfolgen noch nicht absehbar auch für Vereine und Gewerbe
Bei der Firma Flashlight wurden massiv Aufträge abgesagt. Heinz Roduner, CEO des Unternehmens, sagt: «Unsere Aufträge gingen innert kürzester Zeit gegen Null. Einzelne Anlässe, die erst Ende Jahr stattgefunden hätten, wurden erstaunlich früh schon abgesagt. Die Verunsicherung ist gross.» Das Wichtigste sei selbstverständlich die Gesundheit, und in der Schweiz sei durch den Lockdown viel Schaden vermieden worden. Die Massnahmen seien nachvollziehbar gewesen. Für die Firma ist es trotzdem unerfreulich. «Ich trage Verantwortung für meine Mitarbeitenden. Das ist eine belastende Situation», sagt Roduner.

«Wir haben die Zeit genutzt, um einiges, was in der hektischen Zeit davor liegengeblieben ist, aufzuarbeiten. Wir konnten auch gute Geschäfte machen beispielsweise mit einem Personenleitsystemen für die SBB. Einzelne Mitarbeiter haben bei befreundeten Firmen als Elektriker ausgeholfen, weil diese viel zu tun hatten. Ein grosses Kompliment an dieser Stelle an alle, die mitgeholfen haben, den Schaden klein zu halten. Die Leute wollen arbeiten.»

Es gebe zwar mittlerweile einige Alternativ-Anlässe wie das Autokino Härkingen. Das mache aber die Sommersaison mit ihren Veranstaltungen, Open Airs und vielem mehr, die alle abgesagt wurden, nicht wett. «Die Anmeldung der Kurzarbeit lief zum Glück speditiv und hat uns sehr geholfen. Ganz schlimm ist es für Selbstständige. In unserer Branche arbeiten seit jeher viele Freischaffende, Techniker, Spezialisten. Das sind Leute, die jeweils für verschiedene Firmen tätig und zu 100 Prozent ausgelastet waren. Die stehen völlig alleine da. Wenn diese nun teilweise Festanstellungen annehmen, werden sie uns nachher fehlen. Da geht viel Know-how verloren. Ganz zu schweigen von den Künstlern», führt Roduner weiter aus.

Die Branche sei intensiv am Arbeiten, während und damit andere feiern könnten. «Das macht man aus Überzeugung. Das ist mehr als ein Beruf. Wir sorgen auch für das psychologische Wohl, wenn Leute sich amüsieren können. Ebenso leiden Vereine und das lokale Gewerbe, wenn keine Veranstaltungen stattfinden können. Ohne Vereinsanlässe fehlt auch das Geld für die Jugendförderung. Die Misere zieht sich quer durch alle Bereiche.»

Grosse Verunsicherung bei Kunden und in der Branche
Jürg Schwarz, CEO der Habegger AG kann dies nur bestätigen: «Wir sind soweit gut durch den Lockdown gekommen. Viel hat sich jedoch seit der Öffnung für uns noch nicht geändert. Trotz weiteren Lockerungen sind keine Besserungen in Sicht. Auch bereitet mir die unklare Aussicht und somit die fehlende Planungssicherheit, Mühe.»

Es werde noch Monate dauern, bis ein Impfstoff gefunden und das Geschäft wieder anziehen würde. «Die Veranstalter von Events sind zurückhaltend, die Kunden sind zurückhaltend mit Ticketkäufen und die Corporate Event Kunden sind abwartend und vorsichtig.»

Die Firma Habegger AG beschäftigt in der Schweiz 130 Mitarbeitende. Ausserhalb des physischen Eventgeschäfts bietet das Unternehmen digitale Lösungen für Events an. Dieser Bereich vermöge aber nicht, das Weggefallene zu kompensieren. Die Branche «Live Communication» mache rund 1,5 Milliarden Franken Umsatz. Der Umsatzverlust über die gesamte Branche würde sich in Prozent wohl ungefähr gleich verhalten wie bei der Firma selbst. Die Veranstaltungsbranche, in welche die «Live Communication» reingehört, beschäftige rund 275 000 Personen und mache rund 70 Milliarden Franken Umsatz. Der Verlust werde sich auch um 70 bis 80 Prozent bewegen, wenn nicht sogar noch darüber.

Branche braucht noch länger Unterstützung
«Eine Beruhigung der Situation wird sich wohl erst anfangs Sommer 2021 oder noch später einstellen können», meint Schwarz. «Uns hilft am meisten, wenn die Unterstützung durch den Staat weiterlaufen würde. Sprich, dass die selbständig Erwerbenden weiter Unterstützung bekommen, die ja gestrichen wurde, und die Kurzarbeit über die 12-Monatsfrist, die im März 2021 ablaufen wird, verlängert würde.» Dies gelte für die gesamte Branche. Sonst würden zwangsläufig spätestens Ende März 2021 Entlassungen folgen.

Die grösste Herausforderung sei, allzeit bereit zu sein, wenn Anfragen kommen, aber doch möglichst keine Kosten zu verursachen. Dies sei ein schwieriger Balanceakt. Schwarz meint: «Das bedeutet wiederum, dass wir uns nicht weiterentwickeln. So wird es zwangsläufig dazu führen, dass wir drei bis fünf Jahre zurückgeworfen werden.»

Bereits im März 2020 musste Habegger AG für die abgesagten Veranstaltungen bis in den Sommer rund 10 000 Freelancertage, was 50 Mannjahren entspricht, annullieren. Auch der öffentliche Verkehr, Hotels und Gastro gingen leer aus ohne Events. Anders als in den produzierenden Branchen könnten weggefallene Umsätze nicht nachgeholt werden, es kann auch nichts «auf Vorrat» produziert werden; die meisten Unternehmen in der Branche sind Dienstleister. «Wir sind aber da und bereit, vieles ist jetzt schon möglich», sagt Schwarz hoffnungsvoll.

Der folgende Artikel ist im Furttaler / Rümlanger erschienen:

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Der folgende Artikel ist in der Unterland Zeitung erschienen:

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